Vilsandi ist eine kleine Insel im Westen von Saaremaa, der größten Insel Estlands. Die Ostsee ist hier sehr flach und zwischen Vilsandi und Saaremaa liegen noch ein paar kleine, schilfbewachsene Inseln. Es gibt einen ofiziellen Wanderweg, der von Saaremaa über die kleinen Inseln nach Vilsandi führt. Am Ausgangspunkt liegt ein RMK Campingplatz. Das sind offizielle Plätze der estnischen Forstverwaltung, normalerweise mit einem Plumpsklo, einer Feuerstelle und einem Tisch mit zwei Bänken. Wenn Platz ist, darf man da auch mit dem Camper stehen. Für einen längeren Aufenthalt ist es uns allerdings zu heiß: 30°C und kaum Schatten. Also beschließen wir ein Stück weit den Wanderweg zu gehen. Wir packen die Fotoausrüstung in die Rucksäcke, ziehen Badesachen an gehen zum ersten Schild: Der Wanderweg ist wegen der vertieften Bootspassage als unbegehbar gesperrt. Ein paar Meter weiter steht dann ein zweites Schild, das etwas relativierend sagt, dass der Weg schwierig ist und nur auf eigene Gefahr begangen werden darf. Nachdem wir beide schwimmen können und das Wasser ja klar und durchsichtig ist, gehen wir das Risiko ein und marschieren los.
Der Übergang zur ersten Insel ist gut knietief, das Wasser ist wunderbar klar und halbwegs kühl. Wir merken uns die Stelle für eine eventuelle Bad zur Abkühlung. Die Überquerung der Insel zieht sich. Der Weg ist größtenteils unter Wasser, allerdings sehr flach, sehr warm und etwas modrig. Dann kommt der Übergang zur zweiten Insel. Der führt über eine tiefere Wasserrinne – die Bootspassage. Wir lassen sicherheitshalber unsere Ausrüstung auf einem großen Stein zurück und waten los. Das Wasser geht uns fast bis an die Brust und die Steine am Grund sind mit Algen bewachsen und extrem rutschig. Beim Erkunden der nächsten Insel reißt der Riemen meiner Adilette. Ich habe nur noch eine und die Steine am Boden sind scharfkantig und hart. An ein Weiterführen der Expedition ist nicht zu denken – vor allem da bei einer kurzen Überprüfung auch noch die zweite Adilette den Geist aufgibt. Immerhin können wir noch ein erfrischendes Bad in der Bootsfahrrinne nehmen. Das Wasser ist stellenweise so tief, dass wir nicht mehr stehen können. Ein echtes Erlebnis nach den letzten Stränden, wo uns das Wasser auch nach schier endlosem Waten nur bis maximal an den Bauchnabel gereicht hat.
An der Bootsfahrrinne steht das vermutlich ungewöhnlichste Verkehrsschild, dass ich bisher gesehen habe.
Der Rückweg wird für mich zur echten Prüfung: Barfuß muss ich über die scharfen und rutschigen Steine balancieren. Sobald das Wasser knietief ist, robbe ich wie ein Krokodil, aber auf der Insel ist das Wasser warm und modrig und der Untergrund mit stinkendem Schlamm bedeckt, so dass ich doch lieber aufrecht gehe. Irgendwann haben wir es dann geschafft. Ich kann wieder Schuhe anziehen und mit der Drohne nochmal den Weg abfliegen, bevor wir wieder weiterfahren. Die Tour war ein echtes Abenteuer und der Weg vermutlich der ungewöhnlichste Wanderweg, auf dem ich je gegangen bin.
Die Trauer über meine Adiletten trübt die Stimmung ein wenig. An die 20 Jahre haben sie mir treue Dienste geleistet, mir als Hausschuhe gedient, mich reißende Bäche queren lassen – in den Alpen wie auch in Norwegen. Inzwischen habe ich mir ein paar Nike-Badeschlappen gekauft. Hässlich (okay, das ist Geschmackssache) und viel zu eng – wahrscheinlich weiten die sich noch. Ich hoffe es. Meine treuen Adiletten werden die vermutlich nie ersetzen können…
Also Adiletten futsch is schlimm! Aber du bist inzwischen bestimmt schon einigermaßen drüber weg. Daumen drück und weiterhin eine gute Fahrt!